Das Produkt passte zur Jahreszeit: denn jene Hautcreme, die der Hamburger Pharmazeut Oscar Troplowitz im Dezember des Jahres 1911 auf den Markt brachte, war schneeweiß. Und daher gab Troplowitz ihr auch den Namen „Nivea“, was im Lateinischen „die Schneeige“ und eben auch „die Schneeweiße“ bedeutet.
Oscar Troplowitz (1863-1918), gehörte zu den erfolgreichsten deutschen Unternehmern seiner Zeit. Geboren in Oberschlesien als Sohn einer jüdischen Unternehmerfamilie hatte er in Breslau und Heidelberg studiert und war 1890 nach Hamburg gekommen. Dort kaufte er noch im selben Jahr die 1882 vom Apotheker Paul Carl Beiersdorf begründete „Fabrik dermotherapeutischer Präparate“, deren Firmennamen „Beiersdorf“ Troplowitz beibehielt.
Ausgangspunkt für die Kreation der neuen Hautcreme war die Zusammenarbeit von Troplowitz mit dem Chemiker Isaac Lifschütz (1852–1938), der um die Jahrhundertwende mit „Eucerit“ den ersten industriell verwertbaren Wasser-in-Öl-Emulgator entwickelt hatte, und mit dem Hautarzt Paul Gerson Unna (1850–1929), der als einer der Begründer der modernen Dermatologie gilt. 1911 erwarb Oscar Troplowitz für Beiersdorf ein Patent für „Verfahren zur Herstellung stark wasseraufnahmefähiger Salbengrundlagen“, und gemeinsam mit Lifschütz und Unna entwickelte er innerhalb weniger Monate auf Basis von Eucerit die schneeweiße Creme Nivea.
Das neue Produkt bedurfte natürlich auch der entsprechenden Bewerbung. Troplowitz betraute damit den Grafiker Hans Rudi Erdt (1883–1925), der einer der renommiertesten Gestalter von Inseraten und Plakaten war. Die Werbelinie für Nivea war somit von Beginn an sehr innovativ, und schon 1920 wurde die Creme mit einem Animationsfilm im Kino beworben. 1925 erhielt die Cremedose ihre bis heute typische blaue Farbe. Seitdem wurde die Verpackung nur minimal verändert, was dazu führte, dass dieser Farbton bis heute – wie selten sonst in der Warenwelt – dem Produkt zugeordnet wird und der Name Nivea zu einem Synonym für Hautcreme an sich geworden ist.
Eine eigene Nivea-Plakatwerbung für Österreich ist seit Mitte der 1930er Jahre nachweisbar. Eines der dafür entwickelten Sujets – das auch für Italien übernommen wurde – stammte sogar aus dem Atelier des schon damals international anerkannten Spitzengrafikers Joseph Binder. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten viele Nivea-Plakate speziell für den österreichischen Markt, die meisten davon entstanden im Atelier von Walter Hofmann. Eine Ausnahme allerdings bildet ein Blatt aus den 1950er Jahren, das nicht signiert ist und in den einschlägigen Sammlungen unter „Anonym“ firmiert. Erst vor kurzem konnte geklärt werden, wer der Urheber dieses Plakates ist: nämlich der Wiener Grafiker Johnny Parth, der gegenüber AUSTRIAN POSTERS betonte, dass ebendieses Blatt für Nivea seine beste grafische Arbeit sei.
Johnny Parth wurde am 11. Januar 1930 in Wien-Ottakring geboren. Schon früh zeigte sich seine Begabung zum Zeichnen, nach dem Gymnasium besuchte er die Wiener „Graphische Lehr- und Versuchsanstalt“ (wo Otto Stefferl einer seiner Mitschüler war). Parth gehörte – so wie Paul Aigner, Gerhard Brause und Else Czulik – zu den erfolgreichsten Illustratoren der 1950er und 1960er Jahre. Er arbeitete unter anderem für die Firmen Palmers, Unilever, Maggi, Beiersdorf und für den „Österreichischen Milchwirtschaftsfonds“. Anfang der 1970er Jahre allerdings beschloss Johnny Parth sein Leben grundlegend zu ändern: Er wollte, wie er sagt, nicht mehr dem „Kommerz dienen“ und wandte sich der Jazz-Musik zu. So wurde er zu einem international äußerst erfolgreichen Veranstalter und Musikproduzenten. Auf sein grafisches Talent allerdings hat Johnny Parth nicht ganz vergessen: für nicht-kommerzielle Zwecke ist er bis heute als Zeichner tätig.
Weitere Hinweise:
Geschichte von NIVEA