„14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts“ lautet der Titel einer von der Designhistorikerin Heidelinde Resch verfassten, überaus interessanten Neuerscheinung. Das Wort „Grafikerinnen“ ist dabei richtiger Weise ohne Binnen-I geschrieben, denn das Buch handelt wirklich nur von Frauen – Frauen, die sich in der österreichischen Bundeshauptstadt erfolgreich in ihrem Beruf als Grafikdesignerinnen behaupten konnten. Die Publikation ist ein Beitrag zur Schließung einer immer noch beträchtlich großen Lücke: denn zu wenig Augenmerk wurde bisher hierzulande nicht nur allgemein auf die Leistungen im Bereich des Grafikdesigns gelegt, sondern noch weniger auf die beachtlichen Leistungen von Frauen in diesem Beruf.
Immerhin hat Anita Kern in ihrer verdienstvollen Arbeit „Österreichisches Grafikdesign im 20. Jahrhundert“ bereits wesentliche Akzente gesetzt. 2012 erschien mit „Women in Graphic Design“ eine weitere wegweisende Übersicht zum genannten Thema. In der seinerzeitigen Besprechung auf Austrian Posters hieß es dazu: „Es liegt in der Natur der Sache, dass einem bei derartigen Kompilationen noch weitere Namen einfallen, die man auch berücksichtigen hätte können. Es sind dies aus österreichischer Sicht etwa so hervorragende Designerinnen wie Margit Doppler (Kováts), Else Czulik, Fritzi Weidner oder Ilse Jahnass aus der älteren Generation und Anita Kern, Maria-Anna Friedl oder Nina Wilsmann aus der Gegenwart.“ Besonders erfreulich ist der Umstand, dass in der vorliegenden Publikation die ersten drei Genannten gewürdigt werden. Die Letztgenannten werden hoffentlich in einer weiteren Veröffentlichung die gehörige Beachtung finden. Anita Kern, nicht nur Designhistorikerin, sondern auch selbst hervorragende Designerin, hat zumindest eine Einleitung zu dem Band „14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts“ beigesteuert. So würdigt Kern die Leistung der Autorin folgendermaßen: „Das vielleicht wichtigste Verdienst Reschs ist es, weitere Grafikerinnen in die Designgeschichte ‚eingeschrieben‘ zu haben. Damit hat die Autorin nicht nur deren Verschwinden in der Namenlosigkeit verhindert, sondern auch ermöglicht, sie den prominenten Protagonistinnen und Protagonisten der Designgeschichte gegenüberzustellen – denn wie immer gilt: ‚Der Vergleich macht Sie sicher‘. Und wenn die Darstellung der Wiener Grafikerinnen durch Heidelinde Resch einen Anstoß gibt, das Werk weiterer Designerinnen auszuarbeiten, hat ihr detektivischer Einsatz mehr als die erhofften Früchte getragen.“
Heidelinde Resch hat mit den Porträts folgender Grafikerinnen tatsächlich den Grundstock künftiger Forschungen gelegt: Else Czulik, Helga Schenker, Margit Doppler, Hedwig Zum Tobel, Paula Keller, Ilse Jahnass, Emma Reif, Epi Schlüsselberger, Emanuela Delignon, Elisabeth Pikhard, Frizzi Weidner, Catherine Rollier, Cordula Alessandri und Elisabeth Kopf.
Mit Recht stellt Christian Maryška in seinem zweiten Vorwort zu der Publikation fest, dass die „vorliegende Arbeit von Heidelinde Resch ein lang gehegtes Desiderat der Professionsgeschichte darstellt.“ Tatsächlich ist es überaus spannend, den Leben der vierzehn – im Kanon der österreichischen Kulturgeschichte nur peripher erscheinenden – Künstlerinnenpersönlichkeiten nachzuspüren. Die Autorin hat dies mit akribischer Recherche aber auch in leicht lesbarer Form getan: ein Buch, das allen empfohlen wird, die sich für die Kultur des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts in tiefer gehender Form interessieren.
Resch, Heidelinde: 14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts. „…Exaktheit der Zeichnung und Farbe mit echt wienerischem Charme…“, Wien 2013 (= Design in Österreich, 3. Bd).