Wunder-Plakate

Larissa Bertonasco, die sehr eigenwillige Kochbücher gestaltete, in denen ihre italienische Nonna die Hauptrolle spielte („La nonna La cucina La vita“, Gerstenberg 2005), machte mich auf das SPRING-Magazin aufmerksam. Sie gründete 2004 zusammen mit einigen anderen Frauen die Künstlerinnengruppe SPRING. Der Name ist zweideutig, bedeutet er doch sowohl den englischen Frühling als auch die Aufforderung zu springen. SPRING ist nicht-kommerziell und selbstverwaltet, die Mitglieder der Gruppe nennen sich SPRINGerinnen. Das Schwergewicht bei den Magazinen sollte auf „den unterschiedlichsten Arbeiten aus den Bereichen Comic, Illustration und freier Zeichnung“ liegen. Jedes Jahr erscheint seit 2004 – immer im Sommer – ein neuer Band des Magazins, begleitet von je einer Ausstellung in Hamburg und Berlin. Die Titel der Anthologien machen auf jeden Fall einmal aufmerksam. So begannen die Damen mit „Nachstellungen“, hatten aber auch „Happy Ending“, „Familiensilber“ oder „ABC of Tragedy“ auf Lager, um sich heuer – in der elften Ausgabe – dem „Wunder“ zu widmen.

SPRING#11 ist vorerst einmal ein grauer Kartonschuber mit einem Motiv von Katharina Gschwendtner, das sie dann auch in einer „Box of Wonder“ weiter ausführt, und enthält ein Extraheft mit Texten zum Thema Wunder – darunter sind diesmal aber auch männliche Autoren. Ja, und dann findet man in diesem Schuber fünfzehn gefaltete, auf beiden Seiten bedruckte Plakate im Format von 46cm x 97cm, die unterschiedlicher nicht sein könnten, obwohl sie alle das titelgebende Wunder zum Thema haben. Da spielen Schriften eine Rolle oder aber auch Zeichnungen, die entweder kleinteilig auf jedem der zehn Felder nebeneinander stehen oder eine Bildgeschichte erzählen, die textlich unterstützt wird oder auch nicht. Widmet sich Larissa Bertonasco dem Thema „The wonder of music“ im Allgemeinen, so ist für Carolin Löbbert das „One-Hit-Wonder“ ausschlaggebend. Uli Lust zeigt erotisch „Die Mutter aller Dinge“, Nina Pagalies präsentiert „Die poetische Wunderkammer des Christian Morgenstern“. Zehn medizinische Erfindungen auf der einen Seite und ein großes, flächenfüllendes Plakat auf der anderen gestaltete Sophia Martineck. Diese Vorgangsweise, die beiden Seiten der Blätter zu verwenden, findet man bei mehreren Künstlerinnen. Einige seien aus der Vielzahl der Entwürfe herausgegriffen: Birgit Weihe erzählt ein wunderbares Ereignis aus Argentinien einmal auf der Vorderseite aus dem Blickwinkel der Tochter und auf der Rückseite aus der Sicht des Vaters. Stephanie Wunderlich macht „Die wundervolle Rückholung meiner großen Schwester“ zum Thema. Romy Blümel stellt das Geschehen am 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls, in der Berliner Bernauer Straße dar, einmal um 18:30, da marschieren noch die Soldaten, und dann um 23:30. Da lässt sie über dem freudigen Treiben der Menschen das Feuerwerk im Nachthimmel leuchten. Jede der fünfzehn Künstlerinnen bietet ihre Sicht aufs Wunder in ganz einmaliger Art und Weise an. Man muss sich nur eine aussuchen. Wunderbar!!!

Spring #11 „Wunder“

Weitere Hinweise:
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