„This book coincides with the global centenary commemorations of World War I and it reveals, for the first time, the true story and full extent of the vital role played by the art and design of recruitment posters in the war – not just in the UK, but around the world in Europe, Australia, Canada, India, South Africa and the USA. The posters were particularly important during the initial stages of the conflict, when they were devised as part of a wide-ranging campaign to recruit the millions of men needed for frontline action. “ So beginnt der englische Kunsthistoriker James Taylor seine lesenswerte Studie „Your Country needs You. The secret History of the Propaganda Poster“.
Ausgangspunkt von Taylors Tour d’Horizon durch die Welt der englischsprachigen Rekrutierungsplakate des Ersten Weltkrieges ist – paradoxerweise – ein Plakat, das nie so existierte, wie es sich ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben hatte. Es handelt sich dabei um ein Porträt des streng blickenden britischen Kriegsministers Lord Kitchener, der mit dem Finger auf den Betrachter zeigt, darunter findet sich das Zitat „Your country needs you“. Im Gespräch mit dem „Telegraph“ meinte der Autor James Taylor zu diesem Sujet: „It’s widely believed to have been the most popular design of First World War, instrumental in recruiting millions of men. But the truth is: that simply wasn’t the case. It’s an urban myth.“
Das Bild mit besagtem Slogan ist in Wirklichkeit ursprünglich nicht als Plakat verbreitet worden, sondern erschien am 5. September 1914 auf dem Titelblatt des Wochenmagazins „London Opinion“ in einer Auflage von 300.000 Stück. Dazu kam in relativ kleiner Auflage ein Werbeanschlag für die Verkaufsstände mit dem Cover der Zeitschrift heraus. Der Gestalter der Zeichnung mit dem an die Betrachter appellierenden Kriegsminister war der anerkannte englische Grafiker Alfred Leete (1882–1933). Ihm und seinem Einfluss auf das britische Grafikdesign hat der Autor ein eigenes ausführliches Kapitel gewidmet.
Noch im September 1914 erschien dann der Cartoon von Leete tatsächlich auf einem Rekrutierungsplakat („reproduced by permission of LONDON OPINION“), allerdings mit verändertem Text. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass dieses Blatt in einer mit anderen populären Rekrutierungsplakaten vergleichbaren Stückzahl verbreitet worden wäre. James Taylor weiß auch den Grund für die eigentümliche Rezeption dieser Arbeit: Im Jahr 1917 kam die Originalzeichnung von Alfred Leete in die Sammlung des Imperial War Museums und wurde dort fälschlich als Plakatentwurf katalogisiert.
Auf alle Fälle hat sich das suggestive Sujet in die Weltkriegserinnerung eingebrannt und schon während des Krieges eine Reihe von Nachfolgern gefunden. Das prominenteste Beispiel ist das US-Plakat von James Montgomery Flagg (1877–1960) mit der populären Darstellung von Uncle Sam, der die Männer des Landes zum Eintritt in die Armee auffordert: „I want you for U.S. army“. Auch dieser Arbeit widmet Taylor ein ausführliches Kapitel seiner Studie. Das Buch endet mit einem internationalen Überblick zum Thema „The legacy of Leete and Flagg. Poster icons from the World War“: „Both Leete’s and Flagg’s designs continue to be adapted today for a wide range of purposes; to encourage people to participate in commercial and recreational activities; as well as economic, educational, political or occupational pursuits; and to persuade people to donate something – expertise, labour or money for worthwile or charitable causes.“
Taylor, James: „Your Country needs You“. The secret History of the Propaganda Poster, Glasgow 2013.
Weitere Hinweise:
‘Your Country Needs You’ – The myth about the First World War poster that ‘never existed’ – Telegraph