Bis heute ist der Blick auf die gesamte Entwicklung der Gebrauchsgrafik in der Sowjetunion zum Teil durch die herausragenden Leistungen der russischen Konstruktivisten verstellt. Zweifellos waren es große und mit Recht weltweit rezipierte Leistungen, die etwa El Lissitzky, Gustav G. Klutsis, Vladimir Majakowski, Alexander Rodtschenko und noch einige andere in den 1920er Jahren in der UdSSR zustande brachten. Doch diese Periode dauerte nicht lange, weil besonders im Bereich der politischen Propaganda auf Befehl von Stalin die avantgardistischen Strömungen zugunsten des sozialistischen Realismus zurückgedrängt wurden.
Eine dreibändige Darstellung der kommerziellen Werbung im russischen Kaiserreich und in der darauf folgenden Sowjetunion ist geeignet, diese verkürzte Sicht auf die Entwicklung des russischen Grafikdesigns zu korrigieren. Die Publikationen vermitteln anschaulich, dass sich schon während der Zarenherrschaft eine erstaunlich moderne Form der Wirtschaftswerbung entwickelte, auf die dann die Grafiker der frühen Sowjetunion aufbauten. Und auch als die modernen Gestaltungsprinzipien im Bereich der politischen Plakate zurückgedrängt wurden, konnte sich einiges davon in der kommerziellen Werbung behaupten.
Die ausführliche Darstellung der Geschichte der kommerziellen Werbung in Russland – respektive in der Sowjetunion – wurde vom Expertenteam Alexandr Snopkow, Pawel Snopkow und Alexandr Shklyaruk herausgebracht, das bereits für eine Reihe interessanter Zusammenstellungen zum Thema „Russisches Plakat“ verantwortlich zeichnet.
Snopkow, Alexandr – Pawel Snopkow – Alexandr Shklyaruk: Russian Advertising Posters 1868 – 1917, Moscow 2014.
Snopkow, Alexandr – Pawel Snopkow – Alexandr Shklyaruk: Russian Advertising Posters 1923 – 1941, Moscow 2013.
Snopkow, Alexandr – Pawel Snopkow – Alexandr Shklyaruk: Russian Advertising Posters, 1948 – 1986, Moscow 2015.