Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Alpen als touristische Destination entdeckt wurden, war in Zeitungen und Zeitschriften bald auch eine intensive Bewerbung von Reisen in die Berge zu finden. Ab der Jahrhundertwende kam – der allgemeinen medialen Entwicklung entsprechend – eine vielfältige und intensive Plakat-Reklame hinzu.
Zwischen 1895 und dem Ende der 1960er Jahre entstanden jene Plakate und Kleingrafiken über die italienischen Alpen, die Roberto Festi nun in dem schön gestalteten Bildband „I manifesti delle alpi italiane e piccola grafica dal 1895 a fine anni sessanta del novecento“ herausgebracht hat.
Festi ist ein vielfach ausgewiesener Experte zum Thema Grafikdesign und auch zur Wiener Kunst um 1900. Nicht nur als Publizist ist der ausgebildete Architekt dabei hervorgetreten, sondern auch als Kurator sowohl kunst- als auch kulturhistorischer Ausstellungen. So etwa waren im Wiener Leopold Museum Präsentationen über Josef Maria Auchentaller (2009) und über Rudolf Kalvach (2012) zu sehen, an denen Roberto Festi einen wesentlichen Anteil hatte.
Auch mit der vorliegenden Publikation demonstriert der Kulturhistoriker Festi in exemplarischer Weise, dass der ästhetische Reiz eines Bildbandes durchaus mit wissenschaftlicher Präzision zu verbinden ist. Nach einem kompetenten Einleitungs-Essay zum Thema „Le ‚simpatiche menzogne‘“ (Die „schönen Lügen“) folgt eine reizvolle und genau kommentierte Zusammenstellung der italienischen Alpinismuswerbung von 1895 bis in die 1960er Jahre. Der Band schließt mit einer Reihe ausführlicher Biografien der im Buch vertretenen Grafiker.
Abgesehen von der teilweise gemeinsamen Geschichte großer italienischer Alpengebiete als Teil der Österreich-Ungarischen Monarchie ergeben sich in dem Buch noch weitere interessante Bezüge zur Entwicklung des österreichischen Grafikdesigns. So sind in der Zusammenstellung unter anderem Arbeiten von Heinrich C. Berann, Gustav Jahn, Karl Pferschy, Karl und Josef Redlich sowie Arthur Zelger enthalten.
Einen besonderen Stellenwert für die italienische Tourismuswerbung hatte die Arbeit des 1898 in Bad Häring in Nordtirol geborenen Franz Joseph Lenhart. Nach seinem Studium in Wien und Florenz übersiedelte er nach Südtirol, wo er als Lehrer und freischaffender Künstler tätig war. Als Gebrauchsgrafiker erlangte Lenhart mit seinen meist sehr dynamischen Entwürfen bereits in der Zwischenkriegszeit bestimmenden Einfluss auf die norditalienische Tourismuswerbung.
Festi, Roberto: I manifesti delle alpi italiane e piccola grafica dal 1895 a fine anni sessanta del novecento, Torino 2015.