„Buchschmuck, Dekoration, Diplom, Drucksache, Einband, Exlibris, Humor, Illustration, Inserat, Kalender, Karikatur, Katalog, Kino- und Lichtreklame, Kleingraphik, Kunstschrift, Mode, Messereklame, Plakat, Packung, Porträt, Schutzmarke, Widmung, Warenzeichen“ – derart vielfältig war das Angebotsspektrum Kurt Libesnys in einem Eigeninserat aus dem Jahr 1928 – und dies zeigt auch, wie stark sich das Aufgabenfeld von Grafikerinnen und Grafikern im Laufe der Zwischenkriegszeit erweiterte.[1]
Der am 24. Oktober 1892 in Wien geborene Libesny fand schon früh zu seiner beruflichen Bestimmung: Im Alter von 16 Jahren publizierte er bereits ein für seinen Bruder Hugo bestimmtes Exlibris, 1909 folgte eines für den berühmten Schauspieler Josef Kainz. Im selben Jahr trat er auch schon als Buchillustrator hervor, es war ein Titelblatt für eine Buchausgabe der Satiren von Robert Weil alias „Homunkulus“, mit dem er auch später immer wieder zusammenarbeitete.
1913 erhielt Kurt Libesny nach einem Wettbewerb den Auftrag für das Plakat für die große, in jenem Jahr in Wien abgehaltene, Adria-Ausstellung. Die Arbeit fand große internationale Verbreitung, sie erschien auch mit englischem, französischem und russischem Text, und das Sujet wurde überdies in kleineren grafischen Formaten, wie etwa Postkarten und Reklamemarken, eingesetzt. Im selben Jahr gestaltete Libesny eine Reihe von großen Inseraten für Geschäfte der Schuhmarke „Salamander“, die in Wiener Zeitungen erschienen.
Kurt Libesny, dessen Name immer wieder auch in der Schreibung „Liebesny“ auftaucht, absolvierte ein Studium an der Wiener Akademie für bildende Künste bei Sigmund L’Allemand, Rudolf Bacher und Ferdinand Schmutzer.
Im Ersten Weltkrieg musste Libesny zum Militärdienst einrücken, im Jahr 1916 wurde er zum Leutnant der Gebirgsartillerie befördert. Aus dem Jahr 1918 sind zwei von ihm entworfene Plakate für die 8. Kriegsanleihe erhalten, beide Blätter vermitteln viel mehr an Friedenssehnsucht als die martialische Strenge anderer Kriegsgrafiken.
Nach Kriegsende gründete Kurt Libesny ein eigenes Atelier, mit dem er sich mehr und mehr in die bereits oben beschriebenen vielfältigen Aufgabengebiete einarbeitete. Auch thematisch war der Bogen weit gespannt, er reichte von Werbung für Veranstaltungen, Filme und Konsumprodukte bis zur Politik. Daneben unterrichte Libesny an der „Zweiten Wiener Zentral-Fortbildungsschule“, in der unter anderem Lehrlinge in grafischen Berufen ausgebildet wurden.
Kurt Libesny beschäftigte sich auch intensiv mit der theoretischen Seite seiner Arbeit, so publizierte er Artikel und hielt auch Vorträge zu den verschiedenen Aspekten der Reklame. Daraus entwickelte er konsequent die Idee einer geeigneten Interessensvertretung für die neuen Berufsfelder der Werbebranche. Libesny war Mitbegründer des „Verbandes österreichischer Reklamefachleute“ und danach des „Bundes österreichischer Gebrauchsgraphiker“, dessen Präsident er zehn Jahre lang blieb. In dieser Funktion äußerte er sich auch immer wieder programmatisch, so etwa im Jahr 1929: „Die zeitgemäßen, immer wechselnden Erscheinungen der ‚Galerie der Straße‘, also die Werke des Gebrauchsgraphikers – sind sie nicht die richtigen Kulturdokumente unseres heutigen pulsierenden Lebens, der richtige Spiegel der Zeit, das Barometer der Kultur und Zivilisation? Die Beurteilung wird erst bei größerer Zeitdistanz interessant werden.“[2]
Nach dem Anschluss Österreichs an NS-Deutschland emigrierte Kurt Libesny in die USA. In der Fachliteratur wird als sein Todesjahr durchwegs 1938 angegeben, allerdings ist anzunehmen, dass er am 16. Juni 1939 im New Yorker Stadtteil Bronx verstarb.[3]
Ergänzung von Christian Maryška vom 17. Juni 2019, dem für diese Information gedankt wird:
Kurt Libesny hat am 16. Februar 1939 die Papiere für die USA erhalten und ist mit der SS President Roosevelt von Hamburg am 14. März 1939 in New York angekommen, anschließend hat er wohl bei seinem Bruder, dem Mediziner Paul Libesny (1881–1962) in der Hull Avenue in der Bronx gelebt. Aufgewachsen ist er in der Schwendergasse 25 (damals Marktgasse). Sein Vater Jakob hat sich bis zu seinem Tode noch „Liebesny“ geschrieben (Todesanzeige in der „Neuen Freien Presse“ vom 24. Oktober 1914).
[1] Österreichische Reklame, 14. Heft, August 1928, S. 16.
[2] Zitiert nach: Maryška, Christian: Kunst der Reklame. Der Bund Österreichischer Gebrauchsgraphiker von den Anfängen bis zur Wiederbegründung 1926–1946, Wien 2005, S. 7.
[3] Unter der Ahnenforschungs-Website ancientfaces findet sich offenbar unter Auswertung des „New York City Sterbeindex“ folgender Eintrag: „Kurt Liebesny was born around 1893. He died on June 16, 1939 in New York at age 46.“ Wie oben erwähnt scheint der Grafiker (so wie auch etliche seiner Familienmitglieder) immer wieder unter der Schreibung mit “ie” auf. Auf der genannten Website werden seine Lebensdaten mit 1893–1939 angegeben, wobei das Geburtsjahr offenbar aus dem Lebensalter zu seinem Todeszeitpunkt erschlossen wurde. Aufgrund des Geburtstages im Oktober und seines Sterbedatums im Juni passt das angegebene Lebensalter auch zu seinem korrekten Geburtsjahr 1892. Es ist also unwahrscheinlich, dass es sich hier um eine andere Persönlichkeit als um den Künstler Kurt Libesny handeln könnte.