Carl Otto Czeschka war ein überaus produktiver Vertreter eines weiten Kunstbegriffs. Geboren am 22. Oktober 1878 in Wien arbeitete er nach seiner Ausbildung an der Wiener Akademie der bildenden Künste zunächst als Lehrer an der Kunstgewerbeschule und wurde 1905 Mitarbeiter der Wiener Werkstätte. Czeschka, der Mitglied der Secession war, schuf neben verschiedensten kunstgewerblichen Arbeiten auch ein reiches gebrauchsgrafisches Werk.
Ein kleines, 1908 erschienenes Büchlein enthält Czeschkas vielleicht wichtigste Arbeiten in diesem Bereich, nämlich seine Illustrationen zu der von Franz Keim für Kinder verfassten Nacherzählung des Nibelungenliedes. Das Werk wird zu den wesentlichsten grafischen Arbeiten jener Zeit und allgemein zu einem der wichtigsten Beispiele hervorragender Buchgestaltung gezählt. So war etwa der berühmte Nibelungen-Film von Fritz Lang aus dem Jahr 1924 ganz wesentlich und oft bis ins Detail in Inszenierung und Ausstattung davon beeinflusst.
Carl Otto Czeschka entwarf auch Bühnenbilder und Kostüme, unter anderem für die Produktion von Shakespeares „King Lear“ in der Inszenierung von Max Reinhardt 1908 am Deutschen Theater in Berlin. Seine Entwürfe für die Inszenierung der „Nibelungen“ von Friedrich Hebbel 1907 am Wiener Raimundtheater wurden zwar nicht realisiert, waren aber der Anstoß für seine Nibelungen-Illustrationen.
1907 übersiedelte Czeschka nach Hamburg, wo er bis 1943 als Professor an der Kunstgewerbeschule lehrte und bis zu seinem Tod am 30. Juli 1960 lebte. Neben seiner Funktion als Lehrer entwickelte er eine umfassende Tätigkeit als Designer, wobei das Spektrum von Glasfenstern über Wohnungs- und Geschäftseinrichtungen bis zu grafischen Arbeiten reichte. So etwa arbeitete er in den Jahren 1912/13 an der Ausgestaltung des Hauptwerkes des Wiener Jugendstils, des Palais Stoclet in Brüssel, mit.
Jahrzehntelang hatte Czeschka die Produkt- und Ladengestaltung für die Hamburger Zigarrenfirma L. Wolff über. Besonders bei den Verpackungen wird das Interesse des Grafikers an bemerkenswerten Schriftgestaltungen deutlich. Auch für die Hamburger Schriftgießerei „Genzsch & Heyse“ zeichnete Czeschka, der mit dem legendären Wiener Schriftkünstler Rudolf Larisch befreundet war, Schriftentwürfe. Es waren dies die „Olympia-Antiqua“ aus dem Jahr 1910, von der es dann noch eine spätere Variante gab, sowie die Czeschka-Antiqua bzw. Czeschka-Vienna aus dem Jahr 1914.
Offensichtlich aufgrund dieser ausgewiesenen Fähigkeiten im Bereich der Typografie erhielt Czeschka einen Auftrag, der eine der international bekanntesten Arbeiten eines österreichischen Grafikers darstellt: Es ist die Kopfzeile der Wochenzeitung „Die Zeit“. Zur Entstehung der endgültigen Gestaltung gibt es eine kuriose Geschichte: Als Vorbild für das Signet sollte die Londoner „Times“ dienen, die ja in der Mitte das Wappen des Vereinigten Königreiches enthält. Deshalb hatte Czeschka 1946 in die erste Ausgabe der „Zeit“ das leicht veränderte Hamburger Stadtwappen eingefügt. Da jedoch die Hamburger Stadtverwaltung die Verwendung des Wappens verbot, wurden ab der Nummer 19, noch im Gründundungssjahr, die Bremer Stadtsymbole Schlüssel und goldene Krone eingefügt, was bis heute unverändert beibehalten wurde.
Herrn Henner Steinbrecht wird für die freundliche Genehmigung zur Publikation der Werke von Carl Otto Czeschka herzlich gedankt.
Literatur:
Siller, Senta: Carl Otto Czeschka, 1878 – 1960. Leben und Werk, Berlin 1993.
Spielmann, Heinz – Hella Häussler: Carl Otto Czeschka 1878 – 1960. Ein Wiener Künstler und die Hamburger Wirtschaft, Hamburg 2011 (=Kunst in der Handelskammer, 9. Band).
Spielmann, Heinz: Carl Otto Czeschka. Ein Wiener Künstler in Hamburg. Mit unveröffentlichten Briefen sowie Beiträgen von Hella Häussler und Rüdiger Joppien, Wallstein Verlag, Göttingen 2019 (=Künstler in Hamburg. Hrsg. von Ekkehard Nümann, 1. Band).