Die Mathildenhöhe in Darmstadt wurde im Jahr 2021 vom zuständigen Komitee zum UNESCO-Welterbe ernannt. Das Ausstellungsgebäude ist allerdings derzeit noch wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Im „Museum Künstlerkolonie“ aber ist die Ausstellung „Raumkunst. Made in Darmstadt“ zu sehen. Kuratorin Stefanie Patruno und Architekt Christian Häussler haben dabei eine interessante Schau zum Thema Interieurs zusammengestellt. „Die Ausstellung beleuchtet die bahnbrechenden Ideen und die internationale Strahlkraft, die von der Architektur sowie den Werken der Freien und Angewandten Kunst der Künstlerkolonie-Mitglieder zwischen 1901 und 1914 ausgegangen sind“, so die Verantwortlichen der Schau.
Gezeigt werden unter anderem Arbeiten von Joseph Maria Olbrich, Peter Behrens und Ella und Emanuel Josef Margold. Das weite Spektrum reicht dabei von Möbeln, Tafelgeschirren, Keramiken und Textilien bis zu Büchern, Skulpturen, Grafiken und Gemälden. Besonders beeindruckend ist das von Peter Behrens gestaltete Speisezimmer für das Kaufhaus Wertheim in Berlin. Einen sehr speziellen Aspekt der Innenraumgestaltung dokumentieren die Entwürfe von Ella und Emanuel Josef Margold für Keksdosen der Firma Bahlsen.
Die Gründung der „Künstlerkolonie Mathildenhöhe“ geht auf Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen und bei Rhein (1868–1937), zurück. Ernst Ludwig, ein Enkel der britischen Queen Victoria, brachte entsprechende Erfahrungen von seinen Aufenthalten in Großbritannien mit und wusste, dass er mit seiner Residenzstadt nicht in Konkurrenz mit den damals dominierenden Industrieregionen treten konnte.
So setzte er – beeinflusst vom Arts and Crafts Movement – auf die Förderung von hochwertigem Kunsthandwerk. Dafür holte er eine Reihe von jungen Künstlern nach Darmstadt, wobei der Architekt der Wiener Secession, Joseph Maria Olbrich, zum bedeutendsten Exponenten der Kolonie wurde. In Darmstadt konnte sich auch Peter Behrens, später einer der wichtigsten Vertreter des modernen Industriedesigns und zeitweise Professor an der Akademie für bildende Kunst in Wien, erstmals als Architekt versuchen.
Durch die Initiative des Großherzogs entwickelte sich Darmstadt zu einem Zentrum der angewandten Kunst und damit des deutschen Jugendstils. Unter gezielter Förderung der Kreativwirtschaft war damit in Deutschland so etwas wie eine frühe „Designregion“ entstanden.
Weitere Hinweise:
Mathildenhöhe Darmstadt