Neues zur Biografie von Urban Janke

Urban Janke, Postkarte der Wiener Werkstätte, 1908, Nr. 134

Die nordböhmische Gemeinde Polevsko, im Deutschen Blottendorf genannt, hat eine sehr lange Glasmacher- und Glashandelstradition. Und es ist wohl kein Zufall, dass den dort am 12. Februar 1887 geborenen Urban Janke die angewandte Kunst und im Speziellen die Glasgestaltung besonders interessierten. Mehrere Mitglieder seiner Familie waren überdies im Glasgeschäft als Vertreter der renommierten Wiener Firma Lobmeyr tätig.[1]

Urban Janke besuchte nach Volks- und Bürgerschule zunächst die k.k. Fachschule für Glasindustrie in Haida/ Nový Bor und danach von 1903 bis 1908 die Kunstgewerbeschule in Wien. Dort studierte er unter anderem „elementares Zeichnen“ bei Erich Mallina, Schrift bei Rudolf Larisch sowie Malerei bei Carl Otto Czeschka und Bertold Löffler. Von 1908 bis 1909 unterbrach er das Studium, um seine militärische Ausbildung als Einjährig-Freiwilliger zu absolvieren.[2] Im Studienjahr 1909/1910 war Janke für ein Semester von der Kunstgewerbeschule beurlaubt, um mit 1. Oktober 1909 eine Stelle als „hauptamtlicher Hilfslehrer“ in der „Kunstgewerbe- und Handwerkerschule“ in Magdeburg anzutreten.[3] Wieder zurück in Wien schloss er im Oktober 1910 als Hospitant bei Bertold Löffler seine Ausbildung ab.

Plakatentwürfe, 1908, publiziert in: Die Fläche, 1910

Urban Janke entfaltete eine sehr breit gestreute künstlerische Tätigkeit. Schon während des Studiums war er in der Kunstschau 1908 mit mehreren Arbeit vertreten: in dem von seinem Lehrer Löffler kuratierten Plakatraum mit vier Arbeiten[4], darüber hinaus mit einer Zeichnung und Textilentwürfen, wie einem Gobelin, Pölstern, einer Haube und einem Täschchen.[5]

Dem familiären Vorbild folgend war auch Urban Janke für die Firma Lobmeyr tätig, wo er der erste angestellte Zeichner wurde.[6] Er leistete aber auch im Bereich der angewandten Grafik Nachhaltiges. So entwarf er nicht nur sehr erfolgreich Plakate, sondern ebenso Zeichnungen, Buchillustrationen, Dekors und für die Wiener Werkstätte Bilderbogen und oft publizierte Postkarten.[7] Wie sehr Janke von seinem Lehrer Löffler geschätzt wurde, beweist der von Löffler 1910 herausgegebene erste Nachfolgeband zur Mustermappe „Die Fläche“[8], in dem sich vier von Jankes Plakatentwürfen finden.[9]

Postkarten der Wiener Werkstätte, 1908 – Links: Nr. 138. Rechts: Nr. 149

Es ist erstaunlich, wie umfangreich und vielseitig das Oeuvre ist, das Urban Janke in den wenigen Lebensjahren, die ihm für seine Arbeit blieben, geschaffen hat. Denn auch Janke musste als „k.u.k Fähnrich“, also als Offizier, im Ersten Weltkrieg einrücken.

In der bestehenden Literatur findet man unterschiedliche Angaben zum Schicksal von Urban Janke. Diese reichen vom angeblichen Todesjahr 1912 über „1914 an der Ostfront gefallen“ bis zu „1915 als vermisst gemeldet“ (Stand Dezember 2024).

Eine neue grundlegende Recherche ergab nun Folgendes: Am 31. März 1915 berichtete die „Österreichische Volkszeitung“, dass Janke in den Karpaten in russische Kriegsgefangenschaft geraten sei.[10] In der 160. Verlustliste vom 14. April 1915 wurde er offiziell als Gefangener geführt.[11] Das Sterbebuch des k.u.k. Infanterieregiments Nr. 94 bringt traurige Klarheit zum Tod des Künstlers: Urban Janke ist am 13. Mai 1915 im Krankenhaus von Koslow[12] im Gouvernement Tambow in Russland an Bauchtyphus verstorben und wurde am 15. Mai vor Ort begraben. Sein Tod wurde von seinem Mithäftling František Staffo bestätigt und danach von Feldkurator Jaroslav Petrásek dokumentiert.[13]

Urban Jankes Mutter erhielt die Nachricht vom Tod ihres Sohnes erst Anfang August 1915 in Form eines Briefes einer „Barmherzigen Schwester“, die im Krankenhaus von Koslow tätig war und Janke dort betreut hatte.[14]

Diesen Artikel zitieren:
Bernhard Denscher, Neues zur Biografie von Urban Janke, in: Austrian Posters, 13.12.2024, https://www.austrianposters.at/2024/12/13/neues-zur-biografie-von-urban-janke/ (Stand: TT.MM.JJJJ).

[1] Rath, Peter: Lobmeyr. Helles Glas und klares Licht, Wien 1988, S. 76.
[2] Universität für angewandte Kunst, Schüler*innen-Datenbank.
[3] Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Magdeburg 1909/1910, Magdeburg 1910, S. 494.
[4] Pichler, Gerd: Janke, Urban, in: Allgemeines Künstlerlexikon, LXXVII, 2013, S. 295.
[5] Katalog der Kunstschau 1908, Wien 1908, S. 21, 61, 26, 135.
[6] Rath, Peter: Lobmeyr. Helles Glas und klares Licht, Wien 1988, S. 73.
[7] Staggs, Janis: Biographies, in: Schmuttermeier, Elisabeth – Christian Witt-Dörring (eds.): Postcards of the Wiener Werkstätte. A Catalogue Raisonné. Selections from the Leonard A. Lauder Collection, Ostfildern 2010, S. 321.
[8] Vgl. dazu: Denscher, Bernhard: „Die Fläche“ und die Wiener Moderne, Wolkersdorf 2021, S. 45ff.
[9] Die Fläche. 25 Plakatentwürfe aus der Schule Bertold Löffler, Wien 1910.
[10] Österreichische Volkszeitung, 31.3.1915, S. 7.
[11] Leitmeritzer Zeitung, 21.4.1915, S. 11; Čech, 22.4.1915, S. 9; Nordböhmisches Volksblatt, 27.4.1915, S. 5.
[12] Die Stadt heißt seit 1931 Mitschurinsk.
[13] K. u. k. Infanterie Regiment Nr. 94, Sterbebuch 1914–1922, Tomus V., Fol. 195. Digitální studovna Ministerstva obrany ČR.
[14] Österreichische Volkszeitung, 10.8.1915, S. 5.