Wie verkauft man Kultur, Firmen, seine Freunde und schließlich sich selbst? Ironisch distanziert kann man mit dem neuen Sagmeister-Buch einen Grundkurs in visuellem Marketing anhand der Case-Study „Sagmeister“ absolvieren. Die Publikation gipfelt in dem Essay „Stefan ist ein Popstar“, denn der austro-amerikanische Designer hat es immer verstanden, bei allem, was er beworben hat, sich gleichzeitig damit auch selbst zu bewerben. Die niederländische Designerin Mieke Gerritzen schreibt in ihrem Beitrag über den – wie sie meint – ersten „Grafikdesign-Popstar“: „Bei seinen Auftritten schildert er seine Lebensgeschichte als eine Verlängerung seiner Arbeit, wo Schönheit, Moral, Geld und Ethik allesamt eine Rolle spielen.“
Erschienen ist das Buch anlässlich der Ausstellung „Sagmeister. Another Exhibit about Promotion and Sales Material“, die im Frühjahr 2011 im „Musée de design et d’arts appliqués contemporains“ in Lausanne und von Oktober 2011 bis Februar 2012 im Pariser „Les Arts Décoratifs“ gezeigt wurde. Im Mittelpunkt von Ausstellung und Buch steht eine Auswahl von Sagmeisters Arbeiten aus den letzten zehn Jahren, über die Mieke Gerritzen treffend schreibt: „Im 21. Jahrhundert befasst sich das Grafikdesign nicht mehr allein mit der Gestaltung von Drucksachen; es ist jetzt eine (größtenteils konzeptuelle) Domäne, die verschiedene Kulturbereiche durch das Bild und die Medien miteinander verbindet. Alles um uns herum wird zum Medium und das Medium zum Bild.“
Die Zusammenstellung behandelt unter anderem das über 200-seitige Buch zu Mariko Moris „Wave UFO“ und die „10-Jahres-Zeitung“ für das Kunsthaus Bregenz, den Stadtführer „New Vienna Now“, entstanden im Auftrag von „departure“, der Kreativagentur der Stadt Wien, einen Jahresbericht der Dornbirner Firma Zumtobel sowie das Plakat und die Einladungskarte zur Sagmeister-Ausstellung im Wiener MAK aus dem Jahr 2002.
Stefan Sagmeister hat bewusst nicht die grafische Gestaltung des Buches übernommen, sondern damit den Züricher Designer Martin Woodtli beauftragt. Der frühere Mitarbeiter Sagmeisters hat diese Aufgabe hervorragend gelöst. Das Layout ist in seiner Übersichtlichkeit angenehm funktionell und die gewählte Schrift „BD New Fournier“ von François Rappo verleiht dem Ganzen die entspannte Eleganz alter englischer Bücher. Die Publikation hätte also eine bibliophile Besonderheit werden können, wenn die Bindung nicht so schlecht gemacht wäre, dass sich schon nach kurzem Blättern der schöne Umschlag vom Buchblock löst.
Sagmeister, Stefan – Chantal Prod’Hom – Martin Woodtli (Hrsg.): Sagmeister: Another Book about Promotion & Sales Material, Lausanne – New York – Mainz 2011.