Auch für den Denker von Beruf ist Denken eine harte Arbeit und kein Vergnügen, aber er zwingt sich und sein widerstrebendes Gehirn. – Von anderen Leuten kann man einen solchen Kraftaufwand nicht recht gut verlangen, man kann sie nicht zwingen und will sie doch zwingen. – Wie macht man das?
Man appelliert an ihre Denkfaulheit, die sich nicht anstrengen will und serviert ihnen Gedanken und Gedankenreihen als Kunst und sagt ihnen in unserem Falle durch die Augen – was auf dem Wege über die Gehirne nicht so leicht in ihr Bewußtsein dringt: Politische Meinungen!
„Plakate im politischen Kampf!“ Da kleben an allen Ecken zum Beispiel zwei Plakate von Theo Matejko: Eine Fahne wird aufgerichtet. Männer stemmen sich in schwerer Arbeit – das wirkt auf die Gefühle, bestärkt die Meinungen und festigt erwünschte Überzeugungen: denn es ist die Fahne einer bestimmten Partei, die aufgerichtet werden soll. Der Pfeil sitzt.
Dunkle Massen werden von einer Krone zerquetscht – ihre Ränder sind blutig gefärbt. In der Krone aber nisten behaglich der Pfaffe, der Kriegsgewinner und der hohe Militärist. – Ein Leitartikel in Figuren! – Eine Kette von Gedanken übertragen in ein Bild, das seine Wirkung in der Sekunde hat und das man ohne Anstrengung verdaut, mit einem Blick. – Da liegt das Geheimnis klar und offen zu tage: das politische Plakat kämpft für Ideen mit Umgehung jedes Denkzwanges – und darin besteht seine unwiderstehlich werbende Kraft. Es ist ihm sogar gelungen, in diesen Tagen die Straße zu geistiger Aufmerksamkeit zu zwingen.
Herrn Christian Maryška wird für den Hinweis auf diesen Artikel herzlich gedankt.